Alles zum 5G-Waldwächter

Alles zum 5G-Waldwächter

Der Gewinner des Sächsischen Digitalpreises - alle Hintergründe & Wissenswertes zum preisgekrönten Projekt 5G-Waldwächter mit Projektmanager Henry Poppitz

Das Projekt 5G-Waldwächter des Landkreises Görlitz hat im Juni den mit 25.000 Euro dotierten 1. Platz beim 2. Sächsischen Digitalpreis in der Kategorie "Gesellschaft" gewonnen. Der Preis wurde durch den Sächsischen Staatsminister Martin Dulig im Rahmen des vom Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) veranstalteten »forum sachsen digital« im Messe- und Veranstaltungspark in Löbau verliehen. Für die ENO, die dieses Projekt für den Landkreis maßgeblich mitbetreut, arbeitet Projektmanager Henry Poppitz an diesem wichtigen und richtungweisenden Projekt. Wir freuen uns, dass er sich die Zeit genommen hat, dem UBL-Blog einige Hintergrundfragen zu beantworten. 

Gruppenbild Sieger am Stand ENO

Henry (hinter der Urkunde) und das 5G-Waldwächter-Team an ihrem Stand

Hallo Henry! Herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des Sächsischen Digitalpreises! Wie kam es zur Idee der Bewerbung des Projekts 5G-Waldwächter und zur Vorstellung eures Projekts beim „forum sachsen digital“?

Auf den Wettbewerb „Sächsischer Digitalpreis“ hat uns Dr. Jasper von Detten (Juristischer Berater im Projekt) aufmerksam gemacht. Wir waren zunächst unsicher, ob eine Bewerbung sinnvoll wäre, da wir nicht ganz das festgelegte Kernthema bespielen. Letztendlich ist Waldschutz aber ein sehr wichtiges gesellschaftliches Thema und der Erhalt der Ressource Holz passte dann argumentativ doch ganz gut in den gesetzten Schwerpunkt, daher haben Dr. Axel Schulz (Technischer Berater im Projekt) und ich in einer aufwendigen „Last-Minute-Aktion“ unser Projekt beworben. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an Dr. von Detten für die Idee und Dr. Schulz für die umfangreiche Unterstützung bei der Bewerbung.

Die Idee beim „forum sachsen digital“ als Austeller das Projekt vorzustellen kam von mir. Als mir unsere wirtschaftlichen Partner GGS (Dr. Gerhard Kemper) und exelonix (Dr. Matthias Stege), sowie Dr.Schulz ebenfalls Ihr Interesse und Ihre Teilnahme zusagten, war die Entscheidung schnell getroffen. Durch die beiden Unternehmen hatten wir genügend praxisnahe Projektelemente „zum Anfassen“ vorzuzeigen und nicht „nur“ Bildschirme mit Grafiken und Zahlen.

Welche Herausforderungen mussten Du und das Team bisher während der Umsetzung des Projekts meistern?

Eine große Herausforderung ist die Organisation und vor allem die Realisierung der Durchführung von Praxistests mit offenem Feuer. Wir haben auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz die Möglichkeit, kontrollierte Testbrände kleinerer Waldflächen durchzuführen. Dies ist aber nur zu bestimmten Wetterbedingungen und in bestimmten Zeiträumen möglich. Leider mussten wir schon 4 große Brandversuche absagen, weil das Wetter zu feucht und/ oder zu kalt war. Diese Tests sind für alle Beteiligten mit großem Vorbereitungsaufwand verbunden und die jeweils kurzfristigen Absagen waren sehr ärgerlich. Wir konnten dies teilweise durch kurzfristig organisierte kleinere Feuerschalentests ausgleichen, jedoch erzielen diese Tests natürlich nur sehr bedingt denselben Effekt zur Testung der Technik wie ein größerer Brand. Und auch bei diesen Tests mussten wir schon mehrere kurzfristig absagen. Zu „schön“ bzw. heiß und trocken darf es auch nicht sein, weil einem dann die erhöhte Waldbrandwarnstufe einen Strich durch die Rechnung macht.

borkenk

Borkenkäfer fressen ihre Gänge unter den Rinden der Fichten

 

Fachmann gegen den Borkenkäfer gesucht

Eine weitere Herausforderung ist für uns das Thema Borkenkäfer. Uns fehlt leider ein Fachmann auf diesem Gebiet, der sich mit dem Verhalten und der Biochemie dieser Tiere besonders gut auskennt. Wir wollen den Befall frühestmöglich erkennen können, dazu sind jedoch genaue Informationen zum Paarungsverhalten und zur biochemnischen Zusammensetzung der Sexualpheromone der Tiere nötig. In diesem Themengebiet hat sich aus unserem Projektteam vor allem Dr. Thorsten Dräger von exelonix engagiert und begonnen, sich intensiver damit auseinander zu setzen.

Was ist die Grundidee hinter „5G-Waldwächter“, welche Technologien kommen zum Einsatz und wie funtioniert das Zusammenspiel dieser auf dem Truppenübungsplatz?

Kurz und knapp die Idealvorstellung zusammengefasst: Im Projektgebiet sind Kameras (die in mehreren Spektralbereichen des Lichts Aufnahmen machen können), zahlreiche Sensoren (Messung verschiedenster Werte, wie Lichteinfall, Bodenfeuchte, Temperatur etc.) und Rauchgas-Sensoren ausgebracht, die in regelmäßigen Abständen Daten an einen zentralen Server senden. Sobald auffällige Abweichungen vom Normalzustand des Waldes erkannt werden, kann der betroffene Bereich engmaschiger überwacht werden und ggf. eine Drohne mit Bildern in Echtzeit zusätzlichen Informationen zu Einschätzung der Lage übermitteln. Sollte sich der Verdacht eines entstehendes Brandes verhärten, wird die Leitstelle informiert. Vielleicht war es aber auch nur ein Auto oder ein Panzer, der Staub aufgewirbelt hat. Dann kann Entwarnung gegeben werden. Sollte es jedoch zum Einsatzfall kommen, ist ein weiteres Ziel des Projektes, dass die Einsatzkräfte vor Ort bestmöglich mit Echtzeitdaten versorgt werden, um die Entwicklung der Lage einschätzen zu können. Auch jeder Feuerwehrmann soll von der Technik erfasst werden und somit geschützt werden können, wenn beispielsweise der Wind dreht und jemand Gefahr läuft, von den Flammen eingeschlossen zu werden.

Auf der Projektwebsite www.digitaler.landkreis.gr sind die Hintergründe noch ausführlicher erläutert.

Konnten schon konkrete Ergebnisse durch das Projekt erzielt werden, insbesondere im Bereich der Früherkennung von Bränden und Schädlingsbefall?

Ja, wir konnten bereits gute Teilerfolge in allen Projektbereichen erzielen. So haben wir zum Beispiel herausgefunden, dass der Sensor zur Raucherkennung auch zur Detektion der synthetischen Sexualhormone einiger Borkenkäferarten geeignet ist. Die Kameras können auch aus großer Entfernung Rauch erkennen und von Bodennebel oder Staub unterscheiden. Auf den Drohnen laufen die ersten vorgelagerten KI-Einheiten und auch auf dem zentralen Server sind bereits die ersten KI-Module installiert. So konnte bereits ein Brand entdeckt werden, der bei einer Schießübung entstanden ist.

Wie trägt das Projekt zur nachhaltigen Waldwirtschaft und zum Klimaschutz bei?

Die Technik kann vor allem in sehr großen, abgelegenen Waldgebieten äußerst hilfreich sein, um Brandherde oder Schädlingsbefall frühzeitig zu erkennen. Wie schnell sich so ein Feuer mittlerweile auch in unseren Breitengraden ausbreiten kann, haben wir leider in jüngerer Vergangenheit in der Sächsischen Schweiz erlebt. Insofern kann der Erhalt und der Schutz des Ökosystems Wald maßgeblich unterstützt werden, wenn in Gefahrenmomenten frühzeitig eingegriffen werden kann.

Gesunde Wälder tragen zu einem gesunden Klima bei, ich würde aber eher sagen, dass unser Projekt mehr ein guter Beitrag zur Klimaresilienz als zum Klimaschutz ist.

Das Projekt vereint zahlreiche Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft. Wie wichtig war diese Kooperation für den Erfolg des Projekts?

Diese Kombination ist unentbehrlich. Grundlagenforschung ist wichtig, aber wir brauchen auch einen konkreten Anwendungsbezug und Praxisorientiertheit, damit „im echten Leben“ mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen auch etwas angefangen werden kann. Daher sind wir sehr froh, dass wir mit der GGS aus Speyer und exelonix aus Dresden zwei sehr motivierte und das Projekt bereichernde Unternehmen an unserer Seite haben. Sie arbeiten eng mit den am Projekt beteiligten Universitäten und Forschungseinrichtungen zusammen und helfen die Forschungsinhalte in die Praxis umzusetzen.

Wie habt ihr als Team den Erfolg beim »forum sachsen digital« und die Preisverleihung erlebt?

Durch die Kombination der Messe und der Preisverleihung waren wir bereits seit dem frühen Morgen zahlreich vor Ort. Die Spannung stieg so langsam Richtung späten Nachmittag immer weiter an. Es war dann natürlich ein schönes Gefühl diesen langen Tag mit dem ersten Platz zu beenden – vor allem unter dem Hintergrund, dass wir uns „fast“ nicht beworben hätten.

henry WW Collage

Anspruchsvoll und abwechslungsreich: Dr. Gerhard Kemper und Henry Poppitz bei der Datenanalyse (li.) - Systemadministrator Robert Pietsch und Henry Poppitz von der ENO mit Bennet Kaluza von der BTU bei der Vorbereitung der Gassensorik für einen Feuerschalentest

Gibt es eine besondere Anekdote oder ein Erlebnis aus der Projektarbeit, dass Du mit uns teilen möchtest?

Wie bereits erwähnt, fehlt uns im Bereich Borkenkäfer ein echter Experte. Daher haben wir überregional begonnen, nach Expertise zu suchen und waren bzw. sind noch in Kontakt mit Akteuren verschiedenster Universitäten. Lustigerweise hießen die betreffenden Personen bisher dreimal „Müller“ und einmal „Möller“. Man könnte eine direkte Proportionalität zwischen diesem Namen und dem Wissen zum Borkenkäfer vermuten ;-) In dem Zusammenhang noch ein kleiner Aufruf: Wir sind nach wie vor offen und dankbar für jeden fachkundigen Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..

Vielen Dank für das interessante Gespräch, lieber Henry - und weiterhin viel Erfolg!

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