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Chefin für 750 Tiere
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Bei der Recherche für die ZEITung für Heimat habe ich die Herdenmanagerin Anne-Sophie Jentho kennengelernt. Aus Platzgründen hat leider nur ein Zitat von ihr in der Zeitung Platz gefunden. Deshalb an dieser Stelle die ganze Geschichte.
Chefin für 750 Tiere
Wie eine Tierliebhaberin zur Herdenmanagerin wurde
Ein Beitrag von Ingo Goschütz
„Als ich klein war, wollte ich Naturforscherin werden, später dann Pferdewirtin. Jetzt bin ich Herdenmanagerin und verantwortlich für 750 Tiere.“ Für die 24-Jährige Anne-Sophie Jentho ist damit ein großer Wunsch in Erfüllung gegangen. Landluft und Tiere gehörten schon immer zu ihrem Leben. Sie ist im Nieskyer Ortsteil See aufgewachsen. Dort hatte ihr Vater ein großes Grundstück mit Kleinvieh, so dass die Leidenschaft für die Tierwelt schon frühzeitig geweckt wurde. „Es war für mich nie ein Thema, dass ich die Region verlasse. Ein Leben in der Großstadt kam für mich auf Dauer nie in Frage.“, bestätigt die junge Frau. Ganz ohne Großstadt ging es jedoch nicht. In Dresden legte sie ihr Abitur mit dem Leistungskurs Agrartechnik ab. An der Berliner Humboldt Universität studierte sie danach Agrarwissenschaften. Coronabedingt fand das Studium ab dem zweiten Semester zum großen Teil nur online statt. Viele Vorlesungen wurden als Videomitschnitte angeboten. „Ich bin sofort wieder zurück aufs Dorf und in den Kuhstall“, berichtet Anne-Sophie Jentho. „Die Zeit zum Lernen konnte ich mir gut einteilen. Zum Teil habe ich die Vorlesungen auch zuhause bei der Arbeit in meinem eigenen Stall gehört.“ Die Bachelor-Arbeit steht noch aus, aber den spannenden Job hat sie schon. Seit September 2022 ist sie Herdenmanagerin in der Milchviehanlage Ödernitz, die zur Jänkendorfer Agrar GmbH gehört. Damit ist die junge Frau nun vor Ort für 750 Tiere, acht Mitarbeiter und fünf Auszubildende zuständig. „Auf die Arbeit mit den Tieren war ich vorbereitet, auf die Führung von Mitarbeitern nicht“, lächelt die Herdenmanagerin. „Da muss ich mich noch sensibel einfuchsen und die richtige Art der Kommunikation für mich finden.“
Die Bandbreite der Aufgaben einer Herdenmanagerin ist groß. Zuchtanalyse, Fütterung, Sicherstellung der tierärztlichen Betreuung, Personalplanung. Einweisung der Mitarbeiter und einiges mehr stehen auf der täglichen To-Do-Liste. Anne-Sophie Jentho muss über das Befinden jeder einzelnen Kuh Bescheid wissen. Unterstützt wird sie dabei durch ein Datenbanksystem, in dem alle messbaren Parameter zu jedem Tier erfasst sind. „Die Herausforderungen besteht darin, die Daten Zeiteffizienz korrekt interpretieren zu können.“
Anne-Sophie Jentho ist beruflich angekommen. Mit der Aufgabe als Herdenmanagerin ging ein seit der Abiturzeit gehegter Wunsch in Erfüllung. Die Wertschätzung für ihren Beruf ist hier in der Heimat groß. Fast jeder auf dem Dorf hat Berührungspunkte zur Landwirtschaft. In der Großstadt ist das anders. „Während meines Studiums in Berlin habe ich eine große Unkenntnis bezüglich landwirtschaftlicher Themen festgestellt. Da sind oft grundlegende Dinge nicht bekannt.“, wundert sich die Agrarwissenschaftlerin. „Ich würde mir wünschen, dass Schulklassen nicht nur den Streichelzoo besuchen, sondern auch die Arbeit in der Landwirtschaft kennenlernen.“
Neben dem Job ist die lebensfrohe Dorfbewohnerin auch privat glücklich. In Kosel lebt sie in einem kleinen Vierseitenhof mit Scheune. Sie hat dort auch die Möglichkeit, wenige Hektar Grünland nutzen zu können. Da ist Platz für ein paar eigene Tiere und bald wird auch ihr Pferd hier einziehen. Inzwischen besitzt die Herdenmanagerin auch privat drei Kälber. Mit dem Bullen geht sie viel spazieren. Irgendwann möchte sie ihn mal einreiten. Sie liebt die vielen Badeseen, die nur die Dörfler kennen und die riesigen Waldgebiete nördlich von Niesky. „Ich kann stundenlang im Wald unterwegs sein, ohne jemanden zu treffen. Diese Ruhe finde ich toll.“
Vielen Dank für die Bewertung dieses Beitrags.