Strukturentwicklung
Das Handbuch zur Nahversorgung
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Vorstellung des Handbuchs „Nahversorgung im Landkreis Görlitz“
Was tun, wenn der letzte Tante-Emma-Laden und der letzte Bäcker im Ort schließen und der Supermarkt und der Fleischer schon vor Jahren dichtgemacht haben? Diese Situation ist leider keine Seltenheit in unserem schönen, aber auch z.T. dünn besiedelten Landkreis Görlitz. Nun steht die Nahversorgung im Fokus eines neuen ENO-Handbuchs, das sich als umfassender Leitfaden für kommunale Akteure anbietet. Das Handbuch zielt darauf ab, einen Überblick über relevante Themen im Bereich Nahversorgung zu schaffen sowie praxisorientierte Ansätze zur Verbesserung und nachhaltigen Entwicklung der Nahversorgungssituation vorzustellen. Es richtet sich an Bürgermeister, Verwaltungsmitarbeitende, Gemeinderatsmitglieder sowie an die engagierte Bürgerschaft, die die Notwendigkeit zum Umdenken in der Thematik erkannt haben und die Nahversorgung als essenziellen Bestandteil des Gemeindelebens stärken möchten. Ein kleiner Einblick in das Inhaltsverzeichnis zeigt auf, wie detalliert und auf viele verschiedene Ausgangssituationen ausgerichtet die vielfältigen Herausforderungen angegangen werden können.
Das Handbuch (hier finden Sie die ausführliche, hier die gekürzte Version zum Download) wurde federführend von Taskforce Strukturwandel-Projektmanagerin Clara Hartung konzipiert. Wir haben mit ihr gesprochen, um tiefere Einblicke in die Herausforderungen und Lösungsansätze für die Nahversorgung im Landkreis Görlitz zu erhalten.
Hallo Clara, kannst Du uns etwas zu Deinen Forschungsergebnissen und Lösungsansätzen für die z.T. spärliche Nahversorgung in den abgelegeneren Gebieten unseres Landkreises sagen?
Clara Hartung: Das Nahversorgungsproblem ist ein sehr wichtiges und unglaublich spannendes Thema, weil man bei Nahversorgungsproblem meistens direkt daran denkt, dass es Ortschaften gibt, in denen die Menschen sich nicht versorgen können. Das stimmt so aber nicht. Im Landkreis Görlitz sind überall große Supermärkte und jeder Bewohnerin verfügt über einen gefüllten Kühlschrank. Fakt ist aber, dass immer mehr kleinere Läden schließen, keine Nachfolger finden oder sich finanziell nicht halten können. Das Nahversorgungsangebot zentriert sich in wenigen großen Angeboten, überwiegend in den Mittelzentren. Die Menschen fahren mit dem Auto lieber etwas weiter weg und haben dafür eine größere Angebotsvielfalt.
…im Vorgespräch erwähntest Du, dass Einkaufen am Wohnort auch eine nicht zu unterschätzende soziale Komponente hat, die immer weiter wegfällt…
Clara Hartung: Ja, das Nahversorgungsproblem ist eher ein soziales Problem, das wir lösen wollen. Nahversorgungseinrichtungen wie Lebensmittelgeschäfte, Märkte oder Cafés dienen oft als Treffpunkt für Mitglieder einer Gemeinschaft. Menschen treffen sich beim Einkaufen oder beim Genuss von Speisen und Getränken. Diese regelmäßigen Begegnungen fördern den sozialen Austausch und ermöglichen es den Einwohnerinnen und Einwohnern, sich besser kennenzulernen. Gründende soziale Bindungen innerhalb einer Gemeinschaft. Außerdem ist eine Ortschaft mit einem Nahversorgungseinrichtungen als Wohnort attraktiver und könnte den Zuzug positiv beeinflussen.
Welche Rolle spielen hierbei innovative Konzepte und Kooperationen zwischen lokalen Akteuren?
Clara Hartung: Innovative Konzepte und Kooperationen sind entscheidend. Durch die Zusammenarbeit zwischen lokalen Produzenten, Einzelhändlern und der Gemeinde können wir ein vielfältiges und nachhaltiges Nahversorgungsnetzwerk aufbauen. Dies könnte beispielsweise durch gemeinschaftlich betriebene Dorfläden oder mobile Verkaufsstellen erreicht werden. Auch die Einbindung digitaler Lösungen, wie Online-Bestellungen und Lieferdienste für lokale Produkte, kann eine wichtige Rolle spielen. Solche Kooperationen fördern nicht nur die regionale Wirtschaft, sondern stärken auch die Gemeinschaft und tragen zur Attraktivität der Region bei.
Das letzte Projekt, das Clara Hartung, M.A. im Internationalen Management mit Fachgebiet Regionalökonomie für die Taskforce Strukturwandel der ENO betreute, ist das Handbuch zur Nahversorgung. Wohin es die junge Wahl-Lausitzerin aus Leidenschaft ab dem 1.8. zieht, lesen Sie am Freitag bei uns im UBL-Blog. Das Gute: sie bleibt uns als Partnerin für die Strukturentwicklung des Unbezahlbarlandes im akademischen Bereich erhalten.
Für wen ist dieses wirklich schöne, leicht verständliche, liebevoll-künstlerisch und super-informativ gestaltete Handbuch konzipiert?
Clara Hartung: Das Handbuch ist ein erster Schritt für regionale Akteurinnen sich mit dem Thema der Nahversorgung auseinanderzusetzen und führt hoffentlich zu einem größeren Bewusstsein regionaler Angebote und im allerbesten Fall auch zum Aktivwerden. Es ist konzipiert für Bürgermeisterinnen, Verwaltungsmitarbeitende, Gemeinderatsmitglieder sowie für die engagierte Bürgerschaft. Es soll inspirieren und motivieren, die Nahversorgung in ihren Gemeinden aktiv zu gestalten und langfristig zu verbessern. Das Handbuch bietet praxisnahe Ansätze und Beispiele, die zeigen, wie eine nachhaltige und vielfältige Nahversorgung erfolgreich umgesetzt werden kann.
Wie können Bürgerinnen und Bürger aktiv zur Verbesserung der Nahversorgung in ihren Gemeinden beitragen?
Clara Hartung: Die Menschen vor Ort können eine entscheidende Rolle spielen, indem sie lokale Geschäfte und Märkte unterstützen und sich in Gemeinschaftsprojekte einbringen. Initiativen wie Bürgerläden oder Genossenschaften können helfen, die Nahversorgung zu sichern und auszubauen. Auch die Teilnahme an lokalen Veranstaltungen und der Austausch von Ideen tragen dazu bei, ein starkes Netzwerk zu schaffen. Durch das Bewusstsein und die Unterstützung der Einwohnerinnen können wir eine nachhaltige und lebendige Nahversorgung im Landkreis Görlitz sicherstellen.
Das Handbuch „Nahversorgung im Landkreis Görlitz“ stellt somit nicht nur einen informativen Leitfaden dar, sondern auch einen Aufruf zum gemeinsamen Handeln. Es zeigt auf, wie durch Kooperation, Engagement und innovative Ansätze eine starke und nachhaltige Nahversorgung erreicht werden kann, die sowohl die Gemeinschaft stärkt als auch die Lebensqualität in den Gemeinden verbessert.
Wir danken der Kommune Zukunft für die Kooperation bei der Erstellung des Handbuches. Illustrationen von Storyset.
Das Handbuch „Nahversorgung im Landkreis Görlitz – Handlungsleitfaden für Kommunen“ ist im Rahmen des Projektes „Multiprojektmanagement Strukturwandel im Landkreis Görlitz – Strukturwandel-Task-Force“ entstanden. Es wurde gefördert aus Mitteln der Förderrichtlinie „STARK“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Im Projekt „Multiprojektmanagement Strukturwandel im Landkreis Görlitz – Strukturwandel-Task-Force“ hat der Landkreis Görlitz in Kooperation mit der Entwicklungsgesellschaft Niederschlesische Oberlausitz mbH neue Strategien und Projekte für Innovation und Wertschöpfung entwickelt, um den Strukturwandel in der Region aktiv zu gestalten. Haben Sie Ideen für die Zukunft des Landkreises? Dann schreiben Sie uns gern: